Zwei Nürnberger Weinbecher „Römer“ Silber vergoldet, bzw teilvergoldet

Objektnummer: #274

Nürnberg, ca.  1643-1644/46

Thomas Stör II.

Beschauzeichen: Ein „N“ für Nürnberg 1643-1644/46 (Tebbe 2007, S. 504, Nr. BZ17)

Meisterzeichen: „TS“ ligiert im geschweiften Schild für Thomas Stör II. (Tebbe 2007, S. 406-407, Nr. 874a)

Je Becher Höhe: 8,7 cm (3,42 in.); Gewicht: 94,6 g.

Bilder

Detaillierte Informationen

Silber vergoldeter, Nürnberger Römer (Weinbecher)

Die vorliegenden Becher gehören auf Grund ihrer besonderen Form zu den sogenannten „Römern“ und sind Trinkgefäße für Wein.

Auf einer godronierten Standplatte erhebt sich der zylindrische Schaft. Dieser ist mit zweireihigen muschelförmigen Nuppen verziert. Das Feld zwischen den Muscheln ist mit Punzierung – wie bei einem Schlangenhautbecher – dekoriert. Aus dem Schaft, verbunden mit einem kleinen Wulst, erhebt sich die siebenpassige, leicht konische Kuppa. Die Wandung der Kuppa ist glatt und trägt am Lippenrand einen punzierten Ring sowie Palmetten auf jeder Wölbung. Die Becher waren ursprünglich aussen teilvergoldet mit weiss belassenen Flächen, innen insgesamt vergoldet. Bei einem Becher ist die Innenvergoldung sehr gut erhalten, die Aussenteilvergoldung recht gut. Bei dem zweiten Becher ist die Innenvergoldung recht gut erhalten; aussen sind nur noch Reste der Teilvergoldung erkennbar.

Die Geschichte des Römers

Die Form des Römers ist von einer mittelalterlichen Glasform abgeleitet. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts werden diese in der Literatur genannt. Im 17. Jahrhundert erhielt der Römer die für ihn typische Form: gesponnener konischer Fuß, zylindrisches nuppenbesetztes Mittelteil (Schaft) sowie eine große gerundete Kuppa. Benutzt wurde das Trinkgefäß vorwiegend in Mittel- und Nordeuropa. In holländischen Stillleben aus dem 17. Jahrhundert sind häufig Römer aus Glas zu sehen. Es ist zudem bekannt, dass im 17. Jahrhundert sehr viele Römer aus Glas in dieser Zeit, vor allem in Holland, Böhmen und England, hergestellt wurden. Aus Metall wurden sie erst Ende des 17. bzw. im 18. Jahrhundert angefertigt.

Der Helga Matzke Kunsthandel präsentiert aktuell vier weitere Römer aus Augsburg und Nürnberg.

Nürnberg

Die Stadt Nürnberg gilt neben Augsburg als eine der wichtigsten Städte in Deutschland für Goldschmiedekunst aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Die Spezialität der Nürnberger Silber- und Goldschmiede waren die sogenannten Buckelpokale. Jeder musste zur Meisterprüfung einen Akeleipokal herstellen, dies erforderte viel technisches Geschick vor allem beim Treiben.

Der vorliegende Römer ist ein wunderbar getriebenes Trinkgefäß, dass ebenfalls das Können des Silberschmiedes präsentiert.

Meister

Thomas Stör II. war Sohn eines Silberarbeiters, der ursprünglich aus Böhmen nach Nürnberg kam, und wurde am 8.6.1601 getauft. Seine Meisterprüfung legte er am 25.3.1629 ab, leistete wahrscheinlich aber seinen Goldschmiedeeid erst neun Jahre später. Da er erst mit seiner ersten Hochzeit im Jahr 1638 alle Voraussetzungen für die Meisterrechtserwerbung und Ablegung des Eides erfüllt hatte.  Zwischen den Jahren 1651-1655 war er Geschworener. 1661 heiratete er ein zweites Mal. Das Oeuvre des Thomas Stör II.  ist geprägt von traditionellen Trinkgeschirren, wie Römern, Buckelpokalen mit zeitgenössischem Dekor. Gefäße in vegetabilen Formen, wie Tulpe oder Granatapfel, beeinflussten, bzw. waren Teil seines Werkes. Im Landesmuseum Württemberg, Stuttgart, und im Victoria & Albert Museum, London, sind ebenfalls Werke von Thomas Stör II. zu sehen.

Literatur

Karl Hernmarck: Die Kunst der europäischen Gold- und Silberschmiede von 1450-1830, München 1978.

Karin Tebbe: Nürnberger Goldschmiedekunst 1541 – 1868, Nürnberg 2007.