Objektnummer: #723
Aurich, um 1785-1800
Meister: Wilhelm Friedrich Kittel
Beschauzeichen: Im Schild lateinisches Buchstabe „A“ mit Punkten, die an eine Krone erinnern, für Aurich (Ostfriesland) (Scheffler Nr. 17; Tardy 1987: 33).
Meister: Meisterzeichen, bzw. Monogramm, „K“, im Schild wohl für Wilhelm Friedrich Kittel (Scheffler Nr. 23) oder Carl Fridrich Kittel (Scheffler Nr. 26a; MZ Nr. 24)
Andere Stempelung: Ein bekrönter „O“. Im Jahr 1800 trat in Kraft die Stempelung für die Batavische Republik (1795-1806). Die Batavische Republik wurde um 1806 in das Königreich Holland (1806-1810) umgewandelt. 1807 wurde für das Königreich Holland eine Stempelung eingeführt. Hierzu gehört auch diese häufig sich findende Marke, ein bekröntes O, auf älteren Stücken. Es handelt sich um einen Nachprüfungsstempel (Rosenberg3 Nr. 7541).
Eine Kröne mit „ET“. Es handelt sich hier auch um einen französischen Nachprüfungsstempel. Zwischen 1809 und 1819 wurden in Frankreich und in den eroberten Ländern bestimmte Marken eingeführt. Darunter findet man eine Marke für fremde Objekte, nämlich, für große Objekte eine Krone und die Buchstaben „ET“ (= étranger, fremde auf Französisch) (Tardy 1987: 424). Die Niederlande waren seit 1795 unter französischer Herrschaft.
Maße: Höhe: 20 cm (7.9 in); Gewicht: jeweils 340 g
Dieses Paar Leuchter stellt ein interessantes Beispiel des Rokoko aus Aurich, Ostfriesland, dar. Der Fuß weist eine breite Glockenform auf und ist durch acht Kanten leicht profiliert. Reiche gegossene und getriebene Arbeit von naturalistischen Motiven sowie geschweiften Zierraten schmücken den Fuß. Während der glockenförmige Teil des Fußes reiches Dekor von gedrehten Zügen aufweist, ist der Schaft streng horizontal gegliedert. Gedrehte Züge und Baluster sind zentrales Dekor. Die dekorative Wahl von gedrehten Zügen wird auf der Tülle fortgesetzt. Der entfaltete Gesamteindruck ist der einer Bewegung, die eine beeindruckende Wirkung hat.
Die Silberschmiede aus dem Norden Deutschlands besitzt eine umfangreiche
Geschichte seit dem 15. Jahrhundert. Insbesondere zwischen 1790 und 1870 konnten Silberschmiede ohne große Schwierigkeiten in Nord Deutschland niederlassen.
Als Ostfriesland eine Provinz Preußens wurde, versuchte die neue Verwaltung, das Handwerkswesen zu ordnen. Nach 1744 und verstärkt seit 1767 drängte die Kriegs- und Domänenkammer in Aurich auf entweder die Gründung eine eigene Zunft oder das Anschließen an der Emder Zunft. Dennoch widersetzten sich die Gold- und Silberschmiede dem Zunftzwang. Sie beriefen sich auf alte ostfriesische Rechte und auf den guten Ruf der Stadt in der Goldschmiedekunst. Doch die preußische Kammer war bestrebt, allgemein gleiche Bedingungen zu schaffen und daher die Neugründung einer Zunft zu erreichen. Die Meister schlossen sich allerdings nicht zu einer Zunft zusammen.
Unter Edelschmiede aus Ostfriesland gab es wichtige Meister, die ihr Handwerk gut ausgeführt haben und die anspruchsvollen Techniken der Gold- und Silberschmiede beherrschten.
Allerdings verarbeiteten die Edelschmiede aus Norddeutschland zwischen 1650 und 1870 unvergleichlich mehr Silber aus Gold, und manche, die die Berufsbezeichnung „Goldschmied“ beibehielten, waren in Wirklichkeit ausschließlich Silberschmied.
Meister: Wohl Wilhelm Friedrich Kittel (Scheffler Nr. 23), geboren am 30.01.1738 als Sohn des Johann Christian Kittel aus Pirna, Lakaien des Fürsten Karl Edzard von Ostfriesland, später der Prinzessin Friederike (Kittel 1938: 9-10). Seit 1761 in Aurich. Er heiratet erstes Mal 1770 Anna Elisabeth Timmermann und ein zweites Mal 1773 Christiane Antoinette Brandes. Er ist am 12.04.1803 gestorben.
Oder sein Sohn
Carl Fridrich Kittel (Scheffler Nr. 26a), geboren am 13.12.1771 als Sohn des Wilhelm Friedrich aus dessen erster Ehe. Er heiratet als Gold- und Silberarbeiter in Aurich 1800 Catharina Elisabeth Escherhausen, Predigertochter aus Stedesdorf (Emden).
Ein Christian Adolf Kittel (geb. 1786), ebenfalls Sohn Wilhelms Kittel, scheint auch als Silberschmied gearbeitet zu haben. Allerdings wird vermutet, dass seinen Arbeiten aus den Händen von Carl Fridrich Kittel entstanden sind (Scheffler Nr. 30).
Kittel waren eine Familie, in Norddeutschland niedergelassen, deren Familienmitglieder bekannte Silberschmiede waren. Auch wenn aus der Marke nicht immer sicherzustellen ist, ob es um den Vater oder einen der Söhne sich handelt, sind Silberstücke aus deren Händen sehr gut ausgeführte Arbeiten.
Literatur:
Kittel, G., 1938, Ostfriesische Charakterköpfe. Bilder aus der Kittelschen Sippe in Ostfriesland nebst ihrem Stammbaum, Celle: Verlag von Schweiger & Pick
Scheffler, W., 1965, Goldschmiede Niedersachsens: Daten – Werke – Zeichen, I. Halbband, Aerzen-Hamburg, Berlin: De Gruyter
Norder Silber aus Kirchen, Museen und Privatbesitz, Kat. Ausst. 16. Mai bis 29. Juni 1997, Der Heimatverein Norderland e.V.
Rosenberg, M., 1928, Der Goldschmiede Merkzeichen, Dritte erweiterte und illustrierte Auflage, IV. Band Ausland und Byzanz, Berlin: Frankfurter Verlags-Anstalt [Rosenberg3]
Tardy, 1987, Les poinçons de garantie internationaux pour l’argent, suivi d’une étude de W. Van Dievoet sur les poinçons européens de la Révolution et de l’Empire, Paris: Tardy