Silber Augsburger Barockbecher mit gravierten Kartuschen, teilweise vergoldet

Objektnummer: #277

Augsburg 1697/99

Johann Jakob Petrus

Beschauzeichen: „Pyr“ fürAugsburg, 1697-99 (Seling 2007, Nr. 1170)

Meisterzeichen: „IIP“ in rundem Schild für Johann Jakob Petrus (Seling 2007, Nr. 1684)

Gravur: auf der Unterseite des Bodens ‚M.Б’

Höhe: 8,6 cm (3 3/8 in.); Gewicht: 115 g.

Bilder

Detaillierte Informationen

Silber teilvergoldeter Barockbecher mit gravierten Kartuschen

Bei dem vorliegenden Silberbecher handelt es sich um einen typischen Barockbecher. Das ikonografische Programm entfaltet sich auf der Wandung des Körpers, zwischen zwei vergoldeten Ringen am Lippenrand und am Bodenrand des Bechers. Zwei raffinierte und detailreich ausgestattete ovale Kartuschen zeigen im Inneren zwei unterschiedliche, architektonisch gestaltete Szenen. Auf der Einen, ein Tor und dahinter ein kleines Gebäude mit einer Berglandschaft im Hintergrund. Auf der Anderen, ein Haus und ein Teil eines Schlosses an einem Flussufer, umgebend von Bäumen und Vegetation. Zwischen den beiden Kartuschen sind schöne Blumen, Früchte, Girlanden und Akanthusblätter eingraviert. Der Becher ist innen vergoldet.

Historischer Hintergrund

Der Becher veranschaulicht das zunehmende Interesse an der Landschaftsmalerei im 17. Jahrhundert. Denn während Landschaftsmalerei vom Mittelalter bis zur Renaissance eine Verbindung zu religiösen und mythologischen Themen suchte, nimmt die Gattung der Landschaft im 17. Jahrhundert eine neue Dimension ein: Sie dokumentiert die Natur. So kann man es beispielsweise bei Niederländischen Malern beobachten. Hercules Seghers (c. 1589-c. 1638), ein Pionier der Graphikkunst während des Goldenen Zeitalters der Niederlande – der von Rembrandt (1606-1669) sehr geschätzt und gesammelt wurde – war in diesem Sinne ein wegweisender Landschaftsmaler des 17. Jahrhunderts. Andere wegweisende Maler dieser Gattung waren Albrecht Altdorfer (c. 1480-1538) und Joachim Patinir (c. 1480-1524).

Französische Landschaftsmaler wie Nicolas Poussin (1594-1665) haben Landschaften im Rahmen der Gattungshierarchie hergestellt, so wie sie von der französischen Académie aufgestellt wurde. Insbesondere Poussin hat seinen Landschaften poetische und heroische Aspekte hinzugefügt. Trotz der Gattungshierarchie hat sich die Landschaftsmalerei im Laufe des 17. Jahrhunderts zu einer unabhängigen, alleinstehenden Gattung entwickelt, die nicht mehr auf historische Themen fußte.

Das Reisen, und dabei überwiegend Reisen in dem Süden, nämlich nach Italien, wurde nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-48) einfacher, so dass Künstler und Mitglieder der vornehmen Klasse immer mehr reisten. Italienische und hauptsächlich römische Ruinen haben somit nordeuropäischen Malern neue Impulse für Ihre kreative Schöpfungen verschafft.

Die Silberschmiede haben sich der künstlerischen Entwicklung der Zeitgenossen angepasst. Dekorative Elemente und neue ikonografische Quellen und Vorlagen folgten somit anderen künstlerischen Gattungen. In diesem Kontext kann man beobachten, dass viele Trinkgefäße und andere Objekte des 17. Jahrhunderts, mit Architekturlandschaften und Landschaften verziert wurden. Der vorliegende Becher des Meisters Johann Jakob Petrus – der Objekte herausragender Qualität und Provenienz schuf – ist somit ein modisches Objekt des ausgehenden 17. Jahrhunderts.

Meister

Johann Jakob Petrus (Peter), Goldschmiede, wurde in Augsburg geboren. Er wurde circa 1667 Meister und heiratete im gleichen Jahr. Petrus ist der Hersteller vieler bekannter Trinkgefäße wie Becher und Humpen.