Silber vergoldete Augsburger Ecuelle der Régence

Objektnummer: #352

Augsburg 1729/32
Johann Erhard II Heuglin (1687-1757)

Beschauzeichen: ein „Pyr“ für Augsburg, 1729/32 (Seling 2007, Nr. 1710)
Meisterzeichen: „IE/H“ im Schild in Form eines Herzen für Johann Erhard II Heuglin (Seling Nr. 2096)

Höhe: 7, 8 cm (2, 75 in.); Dm.: 21 cm (8, 26); Gewicht: 440 g.

Bilder

Detaillierte Informationen

Silber vergoldete Augsburger Ecuelle der Régence

Das vorliegende Objekt ist eine Silber vergoldete Écuelle aus Augsburg in kunstvollem Régence Stil ausgeführt. Die runde Schale steht auf flachem Boden und der Korpus ist unter dem profilierten Rand mit umlaufender Blatt- und Bandelwerkbordüre verziert. Im Zentrum vorne und auf der Rückseite je ein Medaillon mit Putti. Die waagerechten und gegossenen Griffe sind reich mit Ranken und Bandelwerk ziseliert. Ein Medaillon auf jeder oberen Seite verziert den Henkel und wirkt harmonisch mit dem Dekor des Korpus. Der gestufte Deckel ist mit umlaufenden Ornamentstreifen verziert. Darin befinden sich wieder vier Medaillons mit Putti in unterschiedlicher Haltung. In der Mitte des Deckels eine kunstvolle, ziselierte Kartusche mit einem größeren Medaillon mit sitzendem Putto als die allegorische Darstellung von Afrika. Drei kurze Voluten dienen als Füßchen für den auch als Teller oder Présentoir nutzbaren Deckel.

Die Écuelle aus Silber

Die Écuelle wurde am Tisch aber vor allem während der zeremoniellen Morgentoilette für das Servieren des Frühstücks verwendet. Das Objekt ist also meistens ein wichtiger Bestandteil von Toilettenservicen. Écuelle wurde auch als Geschenk an junge Mütter verwand, deshalb wird sie auch „Wöchnerinnenschüssel“ genannt. Schüsseln ähnlicher Form werden in Bild- und Schriftquellen seit der Renaissance erwähnt.
Wöchnerinnenschüssel wurden von Frauen, die ein Kind geboren hatten, benutzt um Brei zu essen. Breigefäße wurden in wohlhabenden Familien benutzt und waren aus Metall zumeist aus Silber.

Écuelle, wie die vorliegende, wurden auch von einem Présentoir begleitet (vgl. Smithsonian Design Museum – Cooper Hewitt, Object ID 18429523).

Meister

Johann Erhard II Heuglin, evangelisch, Silberarbeiter und Vergolder, wurde 1687 als Sohn des Goldschmiedes Johann Erhard I Heuglin getauft. Er wurde 1717 Meister und heiratete im gleichen Jahr Anna Maria Herz. 1731 bat er den Rat, den Sohn des Augsburger Handelsherrn Hornung als Lehrling aufnehmen zu dürfen, um eine Unterstützung für seine Aufträge zu haben.
Heuglin gehörte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu den führenden Goldschmieden Augsburgs, die hauptsächlich einen aristokratischen Kundenkreis belieferten. Er wurde 1721 Hofgoldschmied des Kaisers Karl VI. (1685-1740) und hat auch für dessen Tochter, Maria Theresia von Österreich (1717-1780), gearbeitet.
Aus seiner Werkstatt sind vor allem große Toilette- und Reisegarnituren oder Teile davon sowie kostbare Tafelgeräte in internationalen Museen erhalten (z.B. Grünen Gewölbe, The Clark Art Institute, Smithsonian Design Museum, The Metropolitan Museum of Art, Victoria & Albert Museum).

Literatur

Seling, Helmut, Die Augsburger Gold- und Silberschmiede 1529-1868, Bd. I-III, München: Beck Verlag, 1980-2007