Außergewöhnlicher Schlesischer Renaissancehumpen mit einer Münze und einer Medaille, Silber vergoldet

Objektnummer #118

Jauer 1596 (datiert)

H.: 11,5 cm, mit Daumenhebe 13 cm; Gewicht 500 gr

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Detaillierte Informationen

Außergewöhnlicher Schlesischer Renaissancehumpen mit einer Münze und einer Medaille, Silber vergoldet

Dieser Renaissancehumpen, Silber vergoldet, hat eine typisch schlesische, bzw. frühe Renaissanceform. Der Korpus steht auf einem profilierten Standring und der untere Rand ist mit einem Rautenfries dekoriert. Der Korpus ist sehr aufwendig und mit reicher Treibarbeit geschmückt. Auf matt gelassenem Hintergrund stehen Im Mittelpunkt drei geflügelte Puttoköpfe, die aus Voluten mit grotesken Tiermasken umgeben sind. Zwischen diesen drei Feldern sind Vasen mit großen Blumen getrieben. Der gegossene und ohrenförmige Henkel ist seitlich angebracht. Auf der Endung ist ein Wappen eingraviert. Als Daumenrast eine nackte Meerjungfrau. Der Deckel ist leicht gewölbt und wiederholt die voluten- und blumenartigen, dekorativen Motive des Korpus. Besonders geschmückt wird der Deckel mit einem Taler (Dresdner, bzw. sächsische Münze). Der Humpen ist innen vergoldet und auf dem Boden mit einer Medaille, wahrscheinlich von Nickel Milicz bzw. seiner Werkstatt. Die Medaille zeigt auf der äußeren Seite des Bodens das letzte Abendmahl und innen die Kreuzigung Christi. Schließlich ist auf dem Standring folgende Inschrift eingraviert: “Hans Friderich wem schat   mein Unglück 1596“.

Kulturhistorischer Hintergrund: Münze und Medaille

Die Goldschmiede Jauers organisierten sich als Zunft im 17. Jahrhundert und genossen dann Privilegien. Allerdings waren Silberschmiede bereits vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618-48) aktiv. Dies kann aus den Matrikelbüchern der katholischen Pfarrkirche in Jauer nachgewiesen werden.

Der sächsische Taler (sog. Dreibrüdertaler) stammt aus der Regierungszeit Christians II. (1583-1611), Kurfürst von Sachsen, bzw. der Regentschaft des ernestinischen Herzogs Friedrich Wilhelm von Sachsen-Weimar (1562-1602). Christian II. folgte 1591 seinem Vater Christian I. unter Vormundschaft gleichzeitig mit seinen jüngeren Brüdern, die Herzöge Johann Georg (1585-1656) und August von Sachsen (1589-1615). Der Taler stellt somit die drei Brüder dar. Er trägt auf der Rückseite das Meisterzeichen des Münzmeisters Hans Biener – in Dresden tätig.

Vorderseite des Talers: CHRISTIAN·IOHAN:GEORG·ET·AUGUSTUS, 1596, Reichsapfel mit Kreuz. Der mittlere Prinz ist Christian II., links steht August, der der jüngste ist, und rechts Johann Georg.

Rückseite: FRAT:ET·DU – CES·SAXON und das dreifach behelmte 14feldige Wappen mit Mittelschild, das in einem Schilde, aufgerollt in mehreren Stellen. Die Helme repräsentieren Thüringen, Kursachsen und Meissen. Die Felder des Wappens: Thüringen, Sachsen, Meissen, Pfalzsachsen, (Kur), Pfalzthüringen, Orlamünde, Landsberg, Pleissen, Altenburg, Magdeburg, Brena, Regalien, Henneberg, Regalien.

Die Medaille im Boden ist ein Stück des erzgebirgischen Meisters Nickel Milicz (tätig 1545-68) bzw. seiner Werkstatt:

Vorderseite der Medaille: DESIDIERO DESIDERAVI HOC PASCHA MANDVCARE VOBISCVM AVTE 9V LV XII und mittig Darstellung des letzten Abendmahles.

Rückseite: CHRISTI CREVTZ UND BLUT IST ALLEIN GERECHT UND GUT MDXXXIX [1539] und mittig Kalvarienbergszene und darunter auf dem Podest wohl später hinzugefügte Jahreszahl „1596“.

Die Medaillen des Erzgebirges im 16. Jahrhundert stellen vornehmlich Darstellungen religiöser Szenen aus dem Alten und Neuen Testament dar. Diese waren sehr beliebt und wurden als Schmuck, Amulette oder Patenpfennige benutzt. Die Werkstatt Milicz produzierte viele Medaillen, in die Jahre später eine Jahreszahl nachgeprägt wurde. Dies lässt sich auch auf der hier vorliegenden Medaille nachweisen: Das Jahr 1539 auf der Rückseite der Medaille korrespondiert nicht mit dem Jahr 1596, welches später geprägt wurde.

Die beiden Sprüche auf der Medaille:

1. DESIDIERO DESIDERAVI HOC PASCHA MANDVCARE VOBISCVM AVTE[QUAM PATIAR] 9V LV XII= „Mich hat herzlich verlangt, dies Passalamm mit euch zu essen, ehe ich leide“ (Lukas, 22.15)

und

  1. „CHRISTI CREVTZ UND BLUT IST ALLEIN GERECHT UND GUT„

nehmen beide Bezug auf das Prinzip der Rechtfertigung durch den Glauben und somit auf die Thesen Luthers zum Ablasshandel (vgl. dazu Brief an die Römer, 3: 25-26).

Der Spruch, welcher am Rand des Humpens eingraviert ist: „wem schat [schadet] mein Unglück“ erscheint auf gräflich-mansfeldischen Jetons (aus Kupfer) dieser Zeit. Der Münzmeister Berthold Meinhardt, in (Lutherstadt) Eisleben 1582-1594 tätig, hat den Spruch auf der Rückseite eines Rechenpfennigs wahrscheinlich zum ersten Mal benutzt (s. Tornau 1937, Nr. 1518). Dieser erscheint auch auf anderen Münzen (vgl. Reinhart, Nr. 6169) und auch in Zusammenhang mit dem Spruch „Traur nicht, Gott hilft“. Münzen mit Sprüchen des Herrschers waren vor allem zur Zeit der Reformation gebräuchlich.

Literatur

Bernhardt, Max, Medaillen und Plaketten, Braunschweig: Klinkhardt & Biermann, 1966

Erbstein, Julius: Erörterungen auf dem Gebiete der sächsischen Münz- und Medaillen-Geschichte, Bd. 2, Dresden: Selbstverl. D. Verf., 1890.

Katz, V., Die erzgebirgische Prägemedaille des XVI. Jahrhunderts, Prag: Schulz, 1932.

Reinhart, Johann-Christian, Kupfer-Kabinett, oder Beschreibung einer großen Anzahl Kupfermünzen der neuern Zeiten, Bd. 3, Eisenberg: Schöne, 1828.